WAS IST DIE PERIPHERE ARTERIELLE VERSCHLUSSKRANKHEIT (PAVK)?
Wenn immer wiederkehrende Beinschmerzen zu häufigem Stehenbleiben zwingen – wie beim Schaufensterbummel – spricht man von der Schaufensterkrankheit. Sie wird durch Durchblutungsstörungen der Beinarterien hervorgerufen und heißt medizinisch „Periphere Arterielle Verschlusskrankheit“ (kurz PAVK).
Diese Erkrankung ist trotz ihres harmlosen Namens sehr ernst und tritt häufig auf. Ewa jeder Zehnte leidet ab dem 55. Lebensjahr an Verengungen der Arterien im Bereich der Becken- und Beinregion. Bei den über 65-jährigen sind etwa 20% betroffen.
Es handelt sich um eine chronische, fortschreitende Erkrankung, die häufig mit anderen Krankheiten wie z.B. Durchblutungsstörungen der Herzkranzgefäße oder der hirnversorgenden Gefäße gekoppelt ist. Das bedeutet: bei der PAVK besteht ein stark erhöhtes Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall. Je früher die Schaufensterkrankheit erkannt wird und je früher Risikofaktoren ausgeschaltet werden, desto eher kann ein Fortschreiten gestoppt werden.
Wie entsteht die PAVK?
Durch genetische Faktoren („familiäre Belastung“) wird ein Basisrisiko definiert, welches unter dem Einfluss von weiteren Risikofaktoren letztlich das individuelle Risiko einer Person für atherosklerotische Gefäßerkrankungen bedingt.
Mit „Atherosklerose“ (= Arteriosklerose, umgangssprachlich auch Arterienverkalkung genannt) bezeichnet man einen meist langsam verlaufenden Prozess, der zu charakteristischen Veränderungen der Blutgefäße führt. Dabei lagern sich Fett und Kalk in zunehmendem Maß in den Gefäßwänden ab. Die Wände der Gefäße verdicken sich, diese verlieren an Elastizität und ihr Durchmesser wird immer enger.
Atherosklerose beginnt sozusagen vom ersten Lebenstag an. Wie ausgeprägt sie wird, hängt
neben der genetischen Veranlagung in erster Linie vom Lebensstil, von der Ernährung undvon Risikofaktoren wie Rauchen, Bluthochdruck, hohem Cholesterin und Zuckerkrankheit ab.
Risikofaktoren:
ALARMZEICHEN:
Folgende Anzeichen, die leicht zu erkennen sind, sollten Sie veranlassen, sofort Ihren Arzt zu konsultieren:
Neu aufgetretene Schmerzen beim Gehen oder akute Verschlechterung der schmerzfreien Gehstrecke
Brennen oder Schmerzen in den Füßen oder Zehen auch in Ruhe oder im Liegen
Blasse Hautfarbe im Bereiche des Fusses
Probleme bei der Abheilung kleiner Wunden im Fuß- und Zehenbereich
Stadien der Krankheit
Die PAVK wird vom Arzt in Abhängigkeit von den Beschwerden des Patienten in 4 Stadien eingeteilt:
WIE STELLT DER ARZT DIE DIAGNOSE?
Durch die sorgfältige Erhebung der Anamnese und die klinische Untersuchung
Bei Erstdiagnose einer PAVK sollten immer auch Laboruntersuchungen zum Nachweis von Risikofaktoren (z.B. Diabetes mellitus, Hyperlipidämie) oder atherosklerotisch bedingten Organschäden ( z.B. Nierenfunktion) veranlasst werden
Als wichtigste Differentialdiagnosen der PAVK sind andere Erkrankungen anzuführen, welche ebenfalls intermittierende belastungsabhängige Beschwerden oder Schmerzen in Ruhe verursachen können.
Dazu gehören in erster Linie:
> neurologische Erkrankungen mit Irritation von Nervenwurzeln sowie
> orthopädische Erkrankungen: Abnützungserscheinungen im Hüft- oder Kniegelenk; Fußfehlhaltungen; Wirbelsäulenveränderungen.
Therapie
Was können Sie selbst tun?
Die wichtigsten Maßnahmen in der Vorbeugung und auch Therapie der PAVK sind folgende:
- Nikotinabstinenz – Hören Sie zu rauchen auf!
- Machen Sie regelmäßig Bewegung – das sogenannte Gehtraining
- Blutzuckerkontrolle und optimale Einstellung eines Diabetes
- Kontrolle der Blutfettwerte ; Vermeidung insbesondere tierischer Fette und allenfalls ergänzende medikamentöse Therapie-Gewichtsreduktion
- Regelmäßige Blutdruck-Kontrollen
- Regelmäßige Untersuchungen der Gefäße, wenn Risikofaktoren zutreffen.
Gehtraining:
Das regelmäßige Training ist erwiesenermaßen sehr wirksam. Es führt unter anderem zur Bildung neuer Blutgefäße, die einen verschlossenen Gefäßabschnitt umgehen und die Muskulatur wieder mit Sauerstoff versorgen können. Die Schmerzen nehmen ab, die mögliche Gehstrecke wird durch ein gezieltes Gehtraining oft erheblich verlängert. Grundsätzlich gilt: Gehstrecke, Gehgeschwindigkeit und Gehdauer müssen der individuellen Leistungsfähigkeit angepasst werden, das Gehtraining darf nicht zu starken Schmerzen führen. Deshalb ist ein Intervalltraining sinnvoll. Das heißt: man hält an, kurz bevor Schmerzen auftreten, ruht sich ein wenig aus, nimmt dann das nächste Stück in Angriff, macht wieder eine Pause und so weiter. Ein solches Training sollte täglich während eines ein- bis zweistündigen Spazierganges durchgeführt werden. Gut geeignet sind auch Radfahren, Treppensteigen oder die Zehenstandsübungen. Dabei stellen Sie sich immer wieder auf Ihre Zehenspitzen, ebenfalls bis die ersten Schmerzen auftreten, machen eine Pause und beginnen von vorne. Für das gesamte Bewegungstraining gilt: Regelmäßigkeit ist wichtiger als Intensität.
Bei konsequenter Durchführung der Therapie kann von fast 90 Prozent der Betroffenen eine deutliche Verbesserung der Gehstrecke erreicht werden. Entscheidend ist dabei die konsequente und dauerhafte Durchführung des Gehtrainings, welche allerdings ein hohes Maß an Motivation und Patientenmitarbeit erfordert.
Pflege nicht unterschätzen:
Die durch die PAVK eingeschränkte Durchblutung bedeutet auch, dass selbst kleinste Verletzungen schlecht heilen und Infektionen entstehen können. Eine tägliche Kontrolle ist deshalb besonders wichtig. Außerdem sollten Betroffene keine engen Schuhe oder Strümpfe tragen. Diabetiker sollten besonders vorsichtig sein. Da sie oft eine verminderte Schmerzempfindlichkeit haben, können Verletzungen (auch Verbrennungen, Verbrühungen oder Erfrierungen) leicht entstehen und werden häufig spät entdeckt. Eine tägliche Kontrolle ist deshalb besonders wichtig.
Was macht der Arzt?
Die notwendigen Therapiemaßnahmen hängen in erster Linie vom Schweregrad der PAVK und von der subjektiven Beeinträchtigung des Betroffenen ab.
Dabei stehen prinzipiell folgende Möglichkeiten zur Verfügung: Bewegungstherapie, Medikamente, eine Katheterbehandlung und ev. das zusätzliche Einsetzen eines Stents (das ist ein ‚Stützkorsett‘ für die Arterie). Bypass-Operationen sind selten notwendig: dabei wird durch eine künstliche ‚Umleitung‘ der verschlossene Gefäßabschnitt überbrückt.
Medikamentöse Therapie:
Zur Therapie der PAVK stehen dem Arzt eine Reihe von Medikamenten zur Verfügung: Thrombozytenfunktionshemmer (wie Acetylsalicylsäure, Clopidogrel) und Gerinnungshemmer (wie zum Beispiel Marcomar) sollen in erster Linie das Fortschreiten der Erkrankung verhindern oder wenigstens verzögern. Zusätzlich gibt es sogenannte ‚vasoaktive‘ Medikamente, die die Durchblutung verbessern können. Den Bedarf zur Verschreibung solcher Arzneimittel kann nur der Arzt nach einer genauen Gefäßuntersuchung beurteilen
Sogenannte lumeneröffnende Therapiemaßnahmen (dabei werden vorhandene Engstellen oder Verschlüsse beseitigt):
Die Ballondilatation ( die sogenannte PTA) ist eine der Standardmethoden zur Behandlung der PAVK. Dabei wird zunächst ein Katheter durch die Engstelle oder den Verschluß geschoben. Dann wird ein Ballon aufgepumpt, der die arteriosklerotischen Engstellen zur Seite drückt. Damit wird der Engpass beseitigt und die Arterie wieder erweitert. Zusätzlich kann eine Gefäßstütze (Stent) eingesetzt werden, um ein besseres Ergebnis zu erzielen und einen Wiederverschluss zu verhindern.
Durch zunehmende Verbesserung des Kathetermaterials und durch zunehmende Erfahrung der diese Eingriffe durchführenden Ärzte konnten die Ergebnisse in den letzten Jahren zunehmend verbessert werden, sodass Gefäßoperationen immer seltener notwendig werden.
Auch gelingt es bei Ausschöpfung aller Therapiemöglichkeiten in den meisten Fällen, eine Amputation zu vermeiden.
Der langfristige Erfolg einer Ballondilatation oder Bypassoperation hängt wesentlich davon ab, wie konsequent die der Gefäßerkrankung zugrundeliegenden Risikofaktoren behandelt werden. Wie lange ein Gefäß offen bleibt, wird nämlich auch vom Fortschreiten der Arteriosklerose bestimmt.